Dokument einer sorgenfreien Kindheit
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28. März 1992
Sehr geehrte Frau Schütt-Blum,
sehr geehrter Herr Blum,
nach Abschluß der pädagogischen Aufnahmegespräche müsse[n wir]
Ihnen mitteilen, daß wir ihr Kind
Jonathan, geb.17.07.'85
leider nicht in die 1. Klasse im Schuljahr 92/93 aufnehmen [können].
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
Wahnsinn. Hätte nicht geglaubt, dass das Ding in einem Ordner auf dem Dachboden bei meinem Vater aufgehoben worden ist. Wie es weiterging? Ich wurde auf einer stinknormalen Grundschule (GS Röwekamp) bei uns im Viertel eingeschult, und das war das Beste, was mir passieren konnte. Auch wenn ich dadurch meinen Freundeskreis aus dem Kindergarten, der geschlossen auf die Waldorfschule wechselte, nahezu vollständig aus den Augen verlor.
Der Grund war übrigens ein ganz toller: die hatten mich in Abwesenheit meiner Eltern bei den "pädagogischen Aufnahmegesprächen" gefragt, was denn meine Lieblingsfernsehsendungen wären, und da ich dachte, das wäre ne Frage, wo ich mit Masse statt Klasse punkten könnte, hab ich einfach alles aufgezählt, was ich kannte. Ich hatte nämlich gerade vorher bei einem Urlaub bei den Großeltern die Fernsehzeitung von vorne bis hinten durchgelesen. Und außerdem konnte ich schon schreiben und hatte mir selbst Schwedisch beigebracht. Das intellektuelle Niveau der Klasse sollte durch mich nicht gesprengt werden. Ich war ihnen quasi zu aufgeweckt und hyperaktiv, und außerdem "fernsehsüchtig". Und das, obwohl wir im Haus meiner Mutter bis zu meinem 17. Lebensjahr keinen Fernseher hatten. Und bis heute keinen Kabelanschluss. Und meine Eltern wurde nie gefragt, ob wir überhaupt einen Fernseher haben.
1:0 für die einfühlsame Waldoofpädagogik.
Semtext - 21. Aug, 00:22
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