Wie ich auszog, die Welt zu retten, und mit Zigaretten zurückkam
Entdeckt im StudiVZ:
Als drehender Tabakraucher möchte ich auch noch etwas dazu sagen. Wir haben mit viel größeren Herausforderungen zu kämpfen als mit Karten zu spielen, ist der Weg zum Rauchgut doch ungleich weiter als beim Automatenzieher und dabei noch gesellschaftlichen Dogmen wie den Öffnungszeiten ausgeliefert.
Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, die Wohnung als Tabakraucher spontan, mit dem Entschluss die Welt zu retten, zu verlassen. Denn sobald ich den ersten Zigarettenautomaten passiert habe, wird mir bildlich bewusst, dass an dieser Stelle schon so mancher Held seinen idealistischen Ehrgeiz in der Entspannungsphase des Nikotinkonsums auf einen baldigen, zumutbaren Termin vertagte. Unsereins wird in jenem Automaten leider noch keine Erlösung finden. So wanke ich weiter und sammele mit jedem Schritt weitere, revolutionäre Ideen. Je nach Wetterlage mit wachsener Agressivität. Und immer wieder bestimmen Mut oder Angst den Entscheidungskampf zwischen Denken und Handeln.
Dabei laufe ich an mindestens drei Zigarettenautomaten vorbei. In meinem Hirn gestalten sich Wünsche nach einem Gleichstellungsgesetz für Tabakfreunde. Ich sehe Automaten überall: für Zigaretten, Kondome, Kaugummis, Glücksspiele, ja sogar für Batterien. Nur nicht für Tabakbeutel. Ich denke: Gleich morgen gründe ich ein Gewerbe und werde Automatenaufsteller. Alles wird anders. Morgen.
Endlich habe ich das Tabakgeschäft meines Vetrauens erreicht und muss feststellen, dass meine Ankunftszeit nicht ganz konform mit den Geschäftszeiten dieses guten Hauses ist. In diesem Moment werde ich philosophisch: Ist eine solche Welt es überhaupt wert, gerettet zu werden? Ich drücke meinen Kopf gegen die Glastür des Ladeneingangs, um diesem Fundamentalismus in aller Öffentlichkeit die Stirn zu bieten.
Meine Ideale werden jäh durch den Druck der Nikotinsucht unterbrochen. Ich mache mich auf den Weg zur nächst gelegenen Tankstelle, um dort den Qualen meiner heroischen Funktion Linderung zu verschaffen. Hierbei begegne ich mindestens drei weiteren Zigarettenautomaten, an denen ich am liebsten Fünfe gerade sein lassen würde, um meine Hirnwindungen mit vier Euro milde zu stimmen. Ist Geschmack nicht nur ein kümmerlicher Versuch, charakterliche Defizite mit diesem Luxus zu verwässern? Die gedankliche Manifestierung meiner Rettungspläne im Konflikt mit meiner Introversion hängt nämlich schon schwer in meinen Beinen. Der nächste Schritt zur großen Tat ist kaum noch zu verdrängen. Ich beiße fest in meine Unterlippe. Nur kurz übertönt der Schmerz die innere Stimme des Märtyrers. Ich schreie auf, praktiziere während einer kurzen Gehpause in einem schattigen Winkel des Bürgersteigs autogenes Training, aber eine Befreiung setzt nicht ein. Wer kann mir jetzt noch helfen? Und warum überhaupt ich? Ausgerechnet hier. Eine Dorfhauptstraße in der niedersächsischen Provinz. Menschenleer. Langsam aber beständig keimt der Wahnsinn in mir auf. Mit lodernden Augen tappe ich im Dickicht der Bedeutungslosigkeit dieses Ortes auf das erlösende Licht der blauen Raute zu.
Schweißgebadet erreiche ich die Tankstelle der Erlösung und atme kurz darauf mit blauem Dunst tief durch. Erst jetzt finde ich zu meiner Ruhe zurück. Was ein Nichtraucher alles im Leben verpasst! Das steht in keiner Relation zu seiner nur statistisch wahrscheinlichen, längeren Lebenserwartung. In etwa sechs Tagen beginnt wieder ein neues Abenteuer. Wenn der neue Tabak alle ist. Das Leben ist eine fortdauernde, harte Probe. Aber zu meistern.
Welt retten: sofort morgen!
Rauchen: geschafft!
Copyright by Michael Scheeper
Als drehender Tabakraucher möchte ich auch noch etwas dazu sagen. Wir haben mit viel größeren Herausforderungen zu kämpfen als mit Karten zu spielen, ist der Weg zum Rauchgut doch ungleich weiter als beim Automatenzieher und dabei noch gesellschaftlichen Dogmen wie den Öffnungszeiten ausgeliefert.
Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, die Wohnung als Tabakraucher spontan, mit dem Entschluss die Welt zu retten, zu verlassen. Denn sobald ich den ersten Zigarettenautomaten passiert habe, wird mir bildlich bewusst, dass an dieser Stelle schon so mancher Held seinen idealistischen Ehrgeiz in der Entspannungsphase des Nikotinkonsums auf einen baldigen, zumutbaren Termin vertagte. Unsereins wird in jenem Automaten leider noch keine Erlösung finden. So wanke ich weiter und sammele mit jedem Schritt weitere, revolutionäre Ideen. Je nach Wetterlage mit wachsener Agressivität. Und immer wieder bestimmen Mut oder Angst den Entscheidungskampf zwischen Denken und Handeln.
Dabei laufe ich an mindestens drei Zigarettenautomaten vorbei. In meinem Hirn gestalten sich Wünsche nach einem Gleichstellungsgesetz für Tabakfreunde. Ich sehe Automaten überall: für Zigaretten, Kondome, Kaugummis, Glücksspiele, ja sogar für Batterien. Nur nicht für Tabakbeutel. Ich denke: Gleich morgen gründe ich ein Gewerbe und werde Automatenaufsteller. Alles wird anders. Morgen.
Endlich habe ich das Tabakgeschäft meines Vetrauens erreicht und muss feststellen, dass meine Ankunftszeit nicht ganz konform mit den Geschäftszeiten dieses guten Hauses ist. In diesem Moment werde ich philosophisch: Ist eine solche Welt es überhaupt wert, gerettet zu werden? Ich drücke meinen Kopf gegen die Glastür des Ladeneingangs, um diesem Fundamentalismus in aller Öffentlichkeit die Stirn zu bieten.
Meine Ideale werden jäh durch den Druck der Nikotinsucht unterbrochen. Ich mache mich auf den Weg zur nächst gelegenen Tankstelle, um dort den Qualen meiner heroischen Funktion Linderung zu verschaffen. Hierbei begegne ich mindestens drei weiteren Zigarettenautomaten, an denen ich am liebsten Fünfe gerade sein lassen würde, um meine Hirnwindungen mit vier Euro milde zu stimmen. Ist Geschmack nicht nur ein kümmerlicher Versuch, charakterliche Defizite mit diesem Luxus zu verwässern? Die gedankliche Manifestierung meiner Rettungspläne im Konflikt mit meiner Introversion hängt nämlich schon schwer in meinen Beinen. Der nächste Schritt zur großen Tat ist kaum noch zu verdrängen. Ich beiße fest in meine Unterlippe. Nur kurz übertönt der Schmerz die innere Stimme des Märtyrers. Ich schreie auf, praktiziere während einer kurzen Gehpause in einem schattigen Winkel des Bürgersteigs autogenes Training, aber eine Befreiung setzt nicht ein. Wer kann mir jetzt noch helfen? Und warum überhaupt ich? Ausgerechnet hier. Eine Dorfhauptstraße in der niedersächsischen Provinz. Menschenleer. Langsam aber beständig keimt der Wahnsinn in mir auf. Mit lodernden Augen tappe ich im Dickicht der Bedeutungslosigkeit dieses Ortes auf das erlösende Licht der blauen Raute zu.
Schweißgebadet erreiche ich die Tankstelle der Erlösung und atme kurz darauf mit blauem Dunst tief durch. Erst jetzt finde ich zu meiner Ruhe zurück. Was ein Nichtraucher alles im Leben verpasst! Das steht in keiner Relation zu seiner nur statistisch wahrscheinlichen, längeren Lebenserwartung. In etwa sechs Tagen beginnt wieder ein neues Abenteuer. Wenn der neue Tabak alle ist. Das Leben ist eine fortdauernde, harte Probe. Aber zu meistern.
Welt retten: sofort morgen!
Rauchen: geschafft!
Copyright by Michael Scheeper
Semtext - 26. Mär, 13:53
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